Abmahnmissbrauch eindämmen – Gesetzgeber ist gefordert

Der Missbrauch von Abmahnungen sorgt vielerorts für Ärger. Für Händler werden Abmahnungen zunehmend existenzbedrohend. Dabei ist das deutsche System der privaten Rechtsdurchsetzung mit der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung als Instrument der außergerichtlichen Streitbeilegung im Grundsatz ein Erfolgsmodell. Rechtsverstöße lassen sich auf diese Weise meist schnell, unbürokratisch und für die beteiligten Parteien vergleichsweise kostengünstig abstellen. Die Abmahnung gerät jedoch zunehmend in Verruf und hat sich durch unseriöse Marktteilnehmer zu einem fragwürdigen Geschäftsmodell mit Fokus auf finanziellen Eigeninteressen der Abmahnenden entwickelt. Aus DIHK-Sicht sollte der Gesetzgeber deshalb dringend einschreiten.

Unternehmer werden ausgebremst

Vor allem der Online-Handel ist durch missbräuchliche Abmahnungen belastet. Besonders betroffen sind kleine Gewerbetreibende, die vermehrt wegen Verstößen gegen rein formale Vorschriften auf ihren Web-Seiten abgemahnt werden. In einer aktuellen Studie des Gütesiegel-Anbieters Trusted Shops gaben mehr als die Hälfte der teilnehmenden Händler an, dass sie sich aufgrund von Abmahnungen in ihrer Existenz bedroht fühlen – ein Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren (2016: 49 Prozent, 2015: 47 Prozent). Gerade kleine Online-Händler geben häufig auf, weil ihnen das Risiko von Abmahnungen oder Vertragsstrafen zu hoch ist.

Missbräuchlich agierende Abmahnvereine werden zum Problem

Vermeintliche Mitbewerber mit ihren Rechtsanwälten und unseriöse Abmahnvereine missbrauchen das Instrument als lukrative Einnahmequelle. Abgemahnt werden meist formale Verstöße gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und Fehler bei den Informationspflichten – allesamt Verstöße, die leicht im Internet recherchierbar sind. Beispielsweise kann es sich dabei um ein fehlerhaftes Impressum mit nicht ausgeschriebenem Vornamen, unzureichende Garantiebedingungen, den nicht anklickbaren Link zur Streitbeilegungsplattform oder falsche Begriffe in AGB handeln. Obwohl die Abmahnungen in diesen Fällen formal berechtigt sind, ist fraglich, ob derartige Verstöße den Wettbewerb wirklich beeinträchtigen. Fraglich ist auch, warum Wettbewerber solche formalen Verstöße überhaupt abmahnen dürfen: Schließlich kauft kein Verbraucher nur wegen dieser Fehler genau bei diesem Unternehmen – und nicht beim Wettbewerber.

Der Gesetzgeber ist gefordert

Der DIHK setzt sich seit vielen Jahren gegen Abmahnmissbrauch ein und hat 2017 eine gemeinsame Verbändeinitiative gegen Abmahnmissbrauch mit konkreten Forderungen an den Gesetzgeber ins Leben gerufen. Die Initiative regt an, die Anforderungen an die Klagebefugnis zu verschärfen. Denkbar wäre beispielsweise eine Vorab-Prüfung, welche Verbraucherschutzvereine, aber auch welche Wettbewerbsvereine welche Rechtsverstöße abmahnen dürfen.

Darüber hinaus sollte das Gesetz konkreter definieren, wann ein Missbrauch vorliegt. Von der Rechtsprechung bereits entwickelte Kriterien sollten ins Gesetz aufgenommen werden, wie beispielsweise ein Missverhältnis zwischen geschäftlichen Einnahmen des Abmahners und seinen finanziellen Risiken aus dieser Abmahntätigkeit. Das erleichtert den Nachweis von Rechtsmissbrauch. Ein weiterer Vorschlag für den Gesetzgeber ist die Einführung einer Streitwert- oder Kostendeckelung für einfach gelagerte Fälle. Auch die Abschaffung des sogenannten „fliegenden Gerichtsstands“ kann eine effektive Maßnahme sein. Denn bei Rechtsverstößen im Internet können Abmahner derzeit jedes beliebige Gericht in ganz Deutschland aussuchen. In der Vergangenheit hat sich dies als besonders missbrauchsanfällig erwiesen.

Endspurt für Petition

Auch betroffene Unternehmer setzen sich aktiv gegen Abmahnmissbrauch ein. So liegt derzeit eine Petition einer betroffenen Unternehmerin beim Deutschen Bundestag vor, die eine Reform des wettbewerbsrechtlichen Abmahnwesens fordert. Diese bezieht sich auf das Verbändepapier und kann noch bis zum 24. April 2018 unterstützt werden.

Quelle: DIHK, Pressemitteilung vom 19.04.2018