Castingagentur darf die Rücknahme eines Widerrufs nicht empfehlen

Die Castingagentur Lorraine Media GmbH darf Kunden nicht die Rücknahme eines Widerrufs empfehlen, wenn diese ihren Vertrag fristgerecht binnen 14 Tagen widerrufen. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat das Unternehmen vor dem Kammergericht Berlin erfolgreich auf Unterlassung in Anspruch genommen. Hält Lorraine Media sich nicht an die Auflage, muss die Agentur ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro zahlen (Anerkenntnisurteil vom 22. November 2017, Az. 5 U 157/15).

Seit Jahren lädt die Lorraine Media GmbH, Betreiberin der Internetplattform Models Week, Verbraucher jeden Alters, die davon träumen, durchs Modeln ein paar Euro dazuzuverdienen, zu Castings in Hotels ein. Dort sollen sie vorab einen Werbe- und Anzeigenauftrag erteilen, der mehrere hundert Euro kostet. Einer Verbraucherin, die einen solchen Vertrag zum Preis von 498 Euro zunächst abgeschlossen und dann fristgerecht widerrufen hatte, empfahl Lorraine Media, den Widerruf innerhalb von sieben Tagen schriftlich zurückzunehmen. Anderenfalls müsse man ihr einen Wertersatz für bereits erbrachte Leistungen in Rechnung stellen, konkret 448,20 Euro. Die Entschädigungszahlung kann bei Lorraine Media bis zu 90 Prozent des vertraglichen Entgelts für den Werbe- und Anzeigenauftrag entsprechen.

„So geht’s nicht“, meint Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale Hamburg. „Die Schreiben, mit denen Lorraine Media die Forderung eines Wertersatzes ankündigt, können Verbraucher zur Rücknahme ihres gesetzlichen Widerrufs veranlassen.“ Nachdem sich das Unternehmen weigerte, eine Unterlassungserklärung gegenüber der Verbraucherzentrale Hamburg abzugeben, lenkte die Agentur nun in zweiter Instanz des Gerichtsverfahren vor dem Kammergericht Berlin ein und erkannte den Unterlassungsanspruch der Hamburger Verbraucherschützer an. Die Frage, wie der Wertersatz im Falle eines Widerrufs zu berechnen ist, bleibt jedoch weiterhin unklar.

Nach Auffassung der Verbraucherzentrale Hamburg ist für Vorbereitungshandlungen wie das Erstellen von Fotos überhaupt kein Wertersatz zu leisten. „Verbraucher, die mit einer horrenden Wertersatzforderung konfrontiert werden, sollten nicht vorschnell zahlen, sondern sich rechtlich beraten lassen“, rät Rehberg. Verlange eine Castingagentur Geld vorab, sei Misstrauen angebracht. Seriöse Modelfirmen würden keine Bezahlung im Vorhinein einfordern, meint die Verbraucherschützerin.

Quelle: VZ Hamburg, Pressemitteilung vom 15.12.2017 zum Urteil 5 U 157/15 des KG Berlin vom 22.11.2017