Einwilligung eines Fernsprechteilnehmers in die Veröffentlichung seiner Daten umfasst auch die Nutzung dieser Daten in einem anderen Mitgliedstaat

Die Einwilligung eines Fernsprechteilnehmers in die Veröffentlichung seiner Daten umfasst auch die Nutzung dieser Daten in einem anderen Mitgliedstaat.

Der weitgehend harmonisierte Rechtsrahmen ermöglicht es, die Einhaltung der Anforderungen im Bereich des Schutzes personenbezogener Teilnehmerdaten unionsweit gleichermaßen sicherzustellen.

Die belgische Gesellschaft European Directory Assistance NV (EDA) bietet vom belgischen Hoheitsgebiet aus Auskunftsdienste und Teilnehmerverzeichnisse an. Sie beantragte bei Unternehmen, die Teilnehmern in den Niederlanden Telefonnummern zuweisen (Tele2, Ziggo und Vodafone Libertel), ihr ihre Teilnehmerdaten zur Verfügung zu stellen. Dabei berief sie sich auf eine Verpflichtung in einer niederländischen Rechtsvorschrift, mit der die europäische Universaldienstrichtlinie1 umgesetzt wird. Da die niederländischen Unternehmen der Ansicht waren, dass sie nicht verpflichtet seien, die betreffenden Daten einem Unternehmen aus einem anderen Mitgliedstaat zu überlassen, lehnten sie dies ab.

Das mit dem Rechtsstreit befasste College van Beroep voor het bedrijfsleven (Berufungsgericht für Wirtschaftssachen, Niederlande) hat dem Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Es möchte wissen, ob ein Unternehmen verpflichtet ist, die Daten seiner Teilnehmer einem Anbieter von Auskunftsdiensten und Teilnehmerverzeichnissen aus einem anderen Mitgliedstaat zu überlassen, und, wenn ja, ob es den Teilnehmern freigestellt werden muss, ihre Einwilligung davon abhängig zu machen, in welchem Land das Unternehmen, das die Daten anfordert, seine Dienste anbietet. Insoweit stelle sich die Frage, wie die Beachtung des Diskriminierungsverbots und der Schutz des Privatlebens gegeneinander abzuwägen seien.

In seinem Urteil vom 15.03.2017 antwortet der Gerichtshof auf die erste Frage, dass sich die Universaldienstrichtlinie auf alle Anträge erstreckt, die von einem Unternehmen gestellt werden, das in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist als die Unternehmen, die Teilnehmern Telefonnummern zuweisen.

Schon aus dem Wortlaut des einschlägigen Artikels2 der Richtlinie geht nämlich hervor, dass er alle zumutbaren Anträge erfasst, die zum Zweck der Bereitstellung von öffentlich zugänglichen Auskunftsdiensten und Teilnehmerverzeichnissen gestellt werden. Außerdem schreibt er vor, dass die Informationen zu nichtdiskriminierenden Bedingungen zur Verfügung zu stellen sind.

Dieser Artikel unterscheidet somit nicht danach, ob der Antrag von einem Unternehmen gestellt wird, das im selben Mitgliedstaat ansässig ist wie das Unternehmen, an das sich der Antrag richtet, oder von einem Unternehmen aus einem anderen Mitgliedstaat. Das Fehlen einer solchen Unterscheidung steht im Einklang mit dem Ziel der Richtlinie, das u. a. darin besteht, die Verfügbarkeit unionsweiter hochwertiger öffentlich zugänglicher Dienste durch wirksamen Wettbewerb und Angebotsvielfalt zu gewährleisten.

Außerdem wäre eine allein auf der Ansässigkeit der Antragsteller in einem anderen Mitgliedstaat beruhende Weigerung, ihnen die Teilnehmerdaten zur Verfügung zu stellen, mit dem Diskriminierungsverbot unvereinbar.

In Bezug auf die Frage, ob es den Teilnehmern freigestellt werden muss, ihre Einwilligung davon abhängig zu machen, in welchem Land das Unternehmen, das die Daten anfordert, seine Dienste anbietet, verweist der Gerichtshof auf seine frühere Rechtsprechung3. Wenn ein Teilnehmer, der von dem Unternehmen, das ihm eine Telefonnummer zugewiesen hat, von der Möglichkeit der Weitergabe seiner personenbezogenen Daten an ein drittes Unternehmen zur Veröffentlichung in einem öffentlichen Teilnehmerverzeichnis informiert wurde und dieser Veröffentlichung zugestimmt hat, muss er in die Weitergabe derselben Daten an ein anderes Unternehmen nicht erneut einwilligen, sofern gewährleistet ist, dass die betreffenden Daten nicht für andere Zwecke als diejenigen verwendet werden, für die sie im Hinblick auf ihre erste Veröffentlichung erhoben wurden.

Unter diesen Umständen kann nämlich die ohne erneute Zustimmung dieses Teilnehmers vorgenommene Weitergabe derselben Daten an ein anderes Unternehmen, das ein öffentliches Teilnehmerverzeichnis veröffentlichen möchte, das in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerte Recht auf Schutz personenbezogener Daten nicht in seinem Wesensgehalt antasten.

Der Gerichtshof stellt überdies fest, dass ein Unternehmen, das öffentlich zugängliche Auskunftsdienste und Teilnehmerverzeichnisse anbietet, unabhängig davon, wo es in der Union ansässig ist, in einem weitgehend harmonisierten Rechtsrahmen tätig wird, der es ermöglicht, die Einhaltung der Anforderungen im Bereich des Schutzes personenbezogener Teilnehmerdaten unionsweit gleichermaßen sicherzustellen.

Folglich ist es für das Unternehmen, das seinen Teilnehmern Telefonnummern zuweist, nicht angezeigt, das an den Teilnehmer gerichtete Ersuchen um Einwilligung so zu formulieren, dass er bei seiner Einwilligung danach differenziert, in welchen Mitgliedstaat die ihn betreffenden Daten übermittelt werden können.

Fußnoten

1 Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (ABl. 2002, L 108, S. 51) in der durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 (ABl. 2009, L 337, S. 11) geänderten Fassung.
2 Art. 25 Abs. 2 der Richtlinie.
3 Urteil des Gerichtshofs vom 5. Mai 2011, Deutsche Telekom (C-543/09).

Quelle: EuGH, Pressemitteilung vom 15.03.2017 zum Urteil C-536/15 vom 15.03.2017