Entscheidende Phase des EU-Dienstleistungspakets beginnt

Zwei der drei Richtlinienentwürfe der EU-Kommission (EU-KOM) zum EU-Dienstleistungspaket gehen in die entscheidende Phase. Sowohl der Richtlinienentwurf zur Reform des Notifizierungsverfahrens als auch der Richtlinienentwurf zur Einführung einer Verhältnismäßigkeitsprüfung waren am 11.10.2017 Bestandteil einer zweiten Aussprache im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des Europaparlaments (IMCO). Die Abstimmungen zu beiden Legislativdossiers werden bis Ende des Jahres erwartet.

Die Aussprache zum Entwurf einer Verhältnismäßigkeitsprüfung signalisierte eine generelle Bereitschaft, den Vorschlag des Berichterstatters MdEP Schwab (EVP) mitzutragen. Obwohl die eingereichten Änderungsanträge nicht grundsätzlich im Widerspruch zum Berichtsentwurf des Berichterstatter Schwab standen, zeigten sie jedoch, dass zu einzelnen Aspekten des Entwurfs noch Redebedarf besteht. Hier sind in den meisten Fällen Kompromisse zu erwarten. Die Abstimmung ist für den 04.12.2017 geplant.

Im Gegensatz zum Entwurf einer Verhältnismäßigkeitsprüfung offenbarte die Aussprache zur Reform des Notifizierungsverfahrens erhebliche Meinungsunterschiede der Abgeordneten zu den zentralen Artikeln 6 (Vorwarnung) und 7 (Beschluss) des Kommissionsentwurfs. Während der Berichterstatter MdEP Sergio Gutiérrez Prieto (S&D) erneut für ein abgeschwächtes Notifizierungsverfahren warb, in dem die EU-KOM kein unmittelbares Widerspruchsrecht beim Erlass neuer oder der Änderung bestehender Berufsregulierungen zugestanden werden soll (vgl. DStV Stellungnahme E 07/17), favorisieren andere politische Gruppierungen (EVP, EKR und ALDE) generell mehr Entscheidungsbefugnisse der EU-Kommission.

Daher deutete Berichterstatter Gutiérrez Prieto zur Enttäuschung des Deutschen Steuerberaterverbands e.V. (DStV) seine Bereitschaft an, durch einen während der Aussprache neu eingereichten Kompromissvorschlag, den Positionen der EVP-, EKR- und ALDE-Fraktionen entgegenzukommen. Der neue Kompromissvorschlag kommt dem ursprünglichen Kommissionsentwurf nahe und sieht vor, der EU-KOM ein Widerspruchsrecht beim Erlass neuer oder der Änderung bestehender Berufsregulierungen zuzugestehen.

Die Abkehr des Berichterstatter Gutiérrez Prieto von dessen ersten Berichtsentwurf ist ein Rückschritt für die Bemühungen der freien und selbstverwalteten Berufe und verstößt nach Auffassung des DStV gegen das Demokratie- und das Subsidiaritätsprinzip der Europäischen Union. Daher wird der DStV bis zur voraussichtlichen Abstimmung am 20./21.11.2017 im IMCO-Ausschuss in weiteren Gesprächen in Brüssel und Berlin für einen sensibleren Umgang mit dem Selbstbestimmungs- und Selbstverwaltungsrecht der freien Berufe im Binnenmarkt werben.

Quelle: DStV, Mitteilung vom 17.10.2017