LG Frankfurt, Pressemitteilung vom 30.01.2020 zum Urteil 2-24 O 117/18 vom 30.01.2020 (nrkr)

Das Landgericht Frankfurt am Main hat am 30.01.2020 entschieden: Flugreisende können nach einer Annullierung ihrer Flüge wegen eines Streiks der Piloten Ausgleich verlangen, wenn die Airline nicht alles Zumutbare unternommen hat, um die Streichung der Flüge zu verhindern.

Die beklagte Fluggesellschaft mit Sitz in Irland hatte im Jahr 2018 mit der Pilotenvereinigung Cockpit über den Abschluss eines Tarifvertrages verhandelt. Im August 2018 rief die Vereinigung Cockpit die bei der Beklagten angestellten Piloten auf, an allen deutschen Flughäfen ihre Arbeit niederzulegen. Dieser Aufforderung kamen viele Flugkapitäne nach. Es kam zum Ausfall vieler Flüge. Mehrere Gäste der annullierten Flüge traten ihre Ansprüche an einen Rechtsdienstleister ab. Dessen Klage gegen die Airline auf Ausgleich nach der sog. Fluggastrechteverordnung hatte nun Erfolg.

Die Reiserechtskammer des Landgerichts Frankfurt am Main hat in dem heute verkündeten Urteil festgestellt, dass die Fluggesellschaft im konkreten Fall nicht alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hatte, um die Annullierung der Flüge zu vermeiden. Um eine Haftung nach der sog. Fluggastrechteverordnung auszuschließen, hätte das Flugunternehmen aber nachweisen müssen, dass es mit seinen personellen, materiellen und finanziellen Mitteln einen Flugausfall offensichtlich nicht habe vermeiden können. Insbesondere könne eine Airline grundsätzlich gehalten sein, verfügbare Flugzeuge anderer Gesellschaften zu chartern.

„Die Beklagte hat sich um die Anmietung anderer Fluggeräte einschließlich Besatzung überhaupt nicht bemüht und keinen Kontakt mit anderen Luftfahrtunternehmen aufgenommen“, stellte die Kammer des Landgerichts fest. Deswegen hätten trotz des Pilotenstreiks keine „außergewöhnlichen Umstände“ vorgelegen, die eine Haftung der Airline nach der sog. Fluggastrechteverordnung ausschlössen. Die beklagte Fluggesellschaft schulde daher Ausgleich nach dieser Verordnung.

Das Urteil (Az. 2-24 O 117/18) ist nicht rechtskräftig. Es kann mit der Berufung zum Oberlandesgericht angefochten werden.

Zum Hintergrund

Art. 5 und Art. 7 der Verordnung (EG) 261/2004 (sog. Fluggastrechteverordnung) gewähren Reisenden im Fall der Annullierung ihres Fluges grundsätzlich einen Ausgleichsanspruch gegen die Fluggesellschaft.

Eine Ausnahme davon statuiert Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung, der lautet:

Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.

 

Quelle: LG Frankfurt