Kartellrecht: Kommission startet neues Instrument für anonymes Whistleblowing

Die Europäische Kommission hat am 16.03.2017 ein neues Instrument an den Start gebracht, das es Hinweisgebern (Whistleblowern) erleichtern soll, die Kommission anonym über geheime Kartelle und andere Kartellrechtsverstöße zu informieren.

Damit können Einzelpersonen nun anonym das Vorgehen gegen Kartelle und andere wettbewerbswidrige Praktiken unterstützen. Zu diesen Praktiken gehören Absprachen bei Preisen oder bei Preisangeboten im Rahmen von Ausschreibungen, das Zurückhalten von Produkten vom Markt oder der ungerechtfertigte Ausschluss von Wettbewerbern; dies alles kann der europäischen Wirtschaft enormen Schaden zufügen. Dadurch kann es passieren, dass Kunden eine umfangreiche Auswahl an Gütern und Dienstleistungen zu angemessenen Preisen verwehrt bleibt, dass Innovationen gehemmt und Unternehmen aus dem Markt gedrängt werden.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager erklärte: „Wem Geschäftspraktiken falsch erscheinen, der kann nun selbst dazu beitragen, solche Missstände zu beseitigen. Insiderwissen kann ein wirksames Mittel sein, um die Kommission beim Aufdecken von Kartellen und anderen wettbewerbswidrigen Praktiken zu unterstützen. Unser neues Tool macht es möglich, Informationen weiterzugeben, dabei aber selbst anonym zu bleiben. Diese Informationen können dazu beitragen, dass wir mit unseren Ermittlungen rasch und effizient ans Ziel kommen – zum Wohl der Verbraucher und zum Wohl der Wirtschaft in der EU insgesamt.“

Bisher wurden die meisten Kartelle mit Hilfe des Kronzeugenprogramms der Kommission aufgedeckt: Unternehmen können ihre Beteiligung an einem Kartell melden, zum Ausgleich dafür erhalten sie eine Ermäßigung der gegen sie verhängten Geldbuße.

Einzelpersonen, denen das Bestehen oder die Funktionsweise eines Kartells oder andere Verstöße gegen das Kartellrecht bekannt sind, haben durch das neue Instrument der Kommission nun die Möglichkeit, zur Beendigung dieser Praktiken beizutragen.

Mit dem neuen System steigt die Wahrscheinlichkeit, dass diese Verstöße aufgedeckt und verfolgt werden. Damit hält es Unternehmen auch davon ab, in Kartelle einzusteigen oder darin zu verbleiben oder sich in anderer Weise rechts- und wettbewerbswidrig zu verhalten. So ergänzt und stärkt es die Wirksamkeit des Kronzeugenprogramms der Kommission.

Das neue Instrument: anonyme Weitergabe von Informationen

Das neue Instrument wahrt die Anonymität von Whistleblowern mit Hilfe eines speziellen verschlüsselten Mitteilungssystems, das eine wechselseitige Kommunikation ermöglicht. Dieser Dienst wird von einem spezialisierten externen Dienstleister bereitgestellt, der als Mittler fungiert; es wird ausschließlich der Inhalt der empfangenen Nachrichten weitergegeben; Metadaten, die Rückschlüsse auf die Identität des Absenders der Informationen zulassen könnten, werden nicht übermittelt.

Das neue Instrument

  • ermöglicht es Einzelpersonen, Informationen weiterzugeben und die Kommission aufzufordern, die Mitteilungen zu beantworten,
  • macht es der Kommission möglich, ihrerseits Erläuterungen und Einzelheiten zu erfragen,
  • wahrt die Anonymität der Einzelperson durch verschlüsselte Kommunikation und den Einsatz eines externen Dienstleisters,
  • soll die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass die erhaltenen Informationen hinreichend präzise und verlässlich sind, sodass die Kommission den Hinweisen mit einer Untersuchung nachgehen kann.

Einzelpersonen, die zur Preisgabe ihrer Identität bereit sind, können die Generaldirektion Wettbewerb der Kommission direkt über eine eigens dazu geschaltete Telefonnummer und eine spezielle E-Mail-Adresse erreichen.

Quelle: EU-Kommission, Pressemitteilung vom 16.03.2017