Rentenversicherung darf Namen von Informantin geheim halten

Die Rentenversicherung darf die Identität von Dritten geheim halten, die einen rentenrelevanten Sachverhalt angezeigt haben. Nur in Ausnahmefällen können Betroffene verlangen, dass der Name eines Tippgebers offengelegt wird. Die Hoffnung des Klägers, durch Klärung der Frage, wer die Versicherung informiert habe, könne „der Familienfrieden wiederhergestellt“ werden, genügt nicht, um das Geheimhaltungsinteresse der anzeigenden Person zu durchbrechen.

Der 1941 geborene deutsche Kläger bezieht eine Altersrente von der Deutschen Rentenversicherung Bund (Beklagte). Er wohnt in einem kleinen Fischerdorf an der Costa Blanca in Spanien. Diesen Umstand verschwieg er der Beklagten. Stattdessen gab er eine deutsche Wohnanschrift an, zuletzt die Adresse seines Bruders.

2010 teilte eine Person – die Informantin – der Beklagten schriftlich mit, dass der Kläger nach seiner Scheidung mit einer jüngeren Frau nach Spanien ausgewandert sei. Die Beklagte möge dem Sachverhalt nachgehen, da er rechtlich garantiert nicht belanglos sei.

Tatsächlich überprüfte die Beklagte die Rentenangelegenheit. Im Ergebnis stellt sie fest, dass der Auslandsaufenthalt in diesem Falle keine Auswirkungen auf die Rente hatte.

In der Folgezeit verlangte der Kläger mehrfach eine Kopie des „ominösen Briefes“, was die Beklagte ablehnte. Auch als der Kläger eine Liste vorlegte, auf der sich 7 von 9 namentlich genannten Familienmitgliedern damit einverstanden erklärten, dass der Brief herausgegeben werde, änderte der Beklagte seine ablehnende Haltung nicht.

Im August 2011 rief der Kläger daraufhin das Sozialgericht an. Er trug vor, ein Mitarbeiter des Beklagten habe ihm erklärt, dass das Hinweisschreiben aus seiner Familie stamme. Zur Herstellung des Familienfriedens sei es nun notwendig, dass ihm das Schreiben vorgelegt werde.

Mit Urteil vom 1. Dezember 2016 hat die 9. Kammer des Sozialgerichts Berlin (in der Besetzung mit einem Vorsitzenden Richter und zwei ehrenamtlichen Richtern) die Klage nach mündlicher Verhandlung abgewiesen.

Bei der Entscheidung über die beantragte Akteneinsicht bzw. Auskunft müsse die Beklagte zwischen dem Geheimhaltungsinteresse der Behördeninformantin und dem Auskunftsinteresse des Klägers abwägen. Der Name der Informantin sei ein rechtlich besonders geschütztes „Sozialdatum“.

Das Auskunftsinteresse überwiege nur unter engen Voraussetzungen, zum Beispiel wenn leichtfertig rufschädigende Behauptungen aufgestellt wurden oder wenn die Informantin als Zeugin in Betracht komme. Vorliegend habe die Mitteilung über den Auslandswohnsitz indes der Wahrheit entsprochen und im Übrigen keine Auswirkungen auf die Höhe der Rente gehabt. Deshalb werde die Informantin auch nicht als Zeugin benötigt.

Selbst der Umstand, dass Art. 6 des Grundgesetzes Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stelle, könne kein überwiegendes Auskunftsinteresse begründen. Es sei schon nicht erkennbar, dass die Vorlage des Schreibens zur Herstellung des Familienfriedens dienlich sei. Die eigentliche Ursache für die Störung des Familienfriedens habe der Kläger durch Angabe eines falschen Wohnsitzes selbst gelegt und nicht das pflichtbewusste Verhalten der Informantin. Darüber hinaus sei eine Familie ein komplexer Verantwortungs- und Beistandspakt. Ob er funktioniere oder nicht, hänge nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht von der Vorlage eines einzelnen Schreibens ab, sondern von der generellen Bereitschaft der Akteure, sich mit Respekt, Offenheit und Toleranz zu begegnen.

Die Kammer äußere sich im Übrigen nicht dazu, ob der Name der Informantin auf der vom Kläger vorgelegten Unterschriftenliste überhaupt auftauche. Jedenfalls fehle es an einer Einwilligung der Informantin in die Offenlegung ihrer Identität.

Quelle: SG Berlin, Pressemitteilung vom 31.03.2017 zum Urteil S 9 R 1113/12 WA vom 01.12.2016