Das deutsche Recht kennt kein „Eigentum“ an Daten. Es ist demzufolge rechtlich auch nicht abschließend geklärt, ob überhaupt und wenn ja, wie digitale Inhalte sachen- und erbrechtlich zu behandeln sind. Die Problematiken rund um den digitalen Nachlass wurden lange Zeit stiefmütterlich behandelt. Auch heute noch wird die Tragweite verkannt und auf ein Problem der Generationen Y und Z mit und in den Social Media reduziert, rügte die Aachener Notarin Dr. Karin Raude in ihrem Fachvortrag bei der SFT „Steuerfachtagung und Zukunftskongress Celle 2019“.

Die Social-Media-Rechtsprechung dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass die wirtschaftlich relevanten Sachverhalte oftmals in einem völlig anderen Kontext zu suchen sind, denn „digitaler Nachlass“ sind sämtliche Rechtsverhältnisse des Erblassers, die informationstechnische Systeme betreffen, einschließlich des gesamten elektronischen Datenbestands.

Der „digitale Nachlass“ ist also ein Sammelbegriff für verschiedene Rechte und Rechtsbeziehungen des Erblassers, die sowohl dessen Persönlichkeitsrechte als auch dessen wirtschaftliche Beziehungen berühren können.

Dass auch der digitale Nachlass grundsätzlich dem Erbrecht unterfällt, musste erst vom Bundesgerichtshof (Entscheidung vom 12.7.2018 – III ZR 183/17) klargestellt werden. Damit sind auch Verträge zwischen Nutzer und Dienstanbieter über die Nutzung einer Social-Media-Plattform oder eines E-Mail-Diensts als schuldrechtlicheVertragsbeziehungen grundsätzlich vererblich und gehen im Rahmen der Universalsukzession auf die Erben über.

Der Erbe tritt über § 1922 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in das vermögensrechtliche Vertragsverhältnis mit dem Dienstanbieter ein und hat denselben Anspruch wie zuvor der Erblasser darauf, dass ihm die in dem Account gespeicherten digitalen Inhalte zur Verfügung gestellt werden. Raude wies aber ausdrücklich darauf hin, dass sich für den Erben immer noch erhebliche Hürden auftun, wenn er sein (Erb-)Recht gegenüber den Dienstanbietern geltend machen will. Diese Hürden beruhen zum einen darauf, dass es sich zumeist um Unternehmen im Ausland handelt, und auf den teils sehr restriktiven Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Dienstanbieter, die ohne ausdrückliche Anordnung des Erblassers keinen Zugriff auf bei Dienstanbietern gespeicherte Daten dulden.

Deswegen rät Raude unbedingt zu einer individuellen Vorsorge der Nutzer, bei der nicht nur Vorsorge für den Todesfall, sondern auch für den Fall der Geschäftsunfähigkeit zu Lebzeiten getroffen wird. Sie empfiehlt eine im Außenverhältnis möglichst unbeschränkte Geltung für die digitale Vollmacht. Des Weiteren erleichtere die Ausgestaltung als transmortale Vollmacht die Abwicklung bereits vor Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen respektive vor Erteilung eines Erbscheins. Wegen der größeren Akzeptanz empfehle sich eine notarielle Beurkundung.

Quelle: Steuerberaterverband Niedersachsen Sachsen-Anhalt, Pressemitteilung vom 04.09.2019